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Es geht bergauf. Waren im Kreis Unna im Jahr 2011 noch nur 42,9 Prozent der Frauen zwischen 15 und 65 Jahren sozialversicherungspflichtig beschäftigt, waren es im Jahr 2021 laut aktuellster Statistik der Agentur für Arbeit bereits 54,8 Prozent. Das hat zur Folge, dass sich die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen immer weiter schließt und sich vor allem die zukünftige Versorgung der Frauen in deren Rentenalter stetig verbessert. Im Kreis Unna liegt man damit über dem Landesschnitt, der bei 54,4 Prozent liegt.
Das freut vor allem die Mitglieder des Netzwerks Frau und Beruf, das sich aus den Gleichstellungsbeauftragten der Städte und Gemeinden im Kreis sowie des Kreises Unna selbst und den jeweiligen Fachfrauen für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt von Agentur für Arbeit, Jobcenter, Kammern, Verbänden und Organisationen zusammensetzt.
Seit Jahren macht das Netzwerk jährlich zum Equal Pay Day öffentlichkeitswirksam auf die Unterschiede bei der Beschäftigung von Frauen und Männern aufmerksam. Dabei geht es schon längst nicht mehr nur darum, dass Frauen in gleicher Position weniger verdienen als Männer. Vielmehr wird inzwischen angeprangert, dass Frauen in Teilzeitberufen oder eben nicht-sozialversicherungspflichtigen Berufen arbeiten, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. „Das wirkt sich dann gravierend auf die Altersversorgung aus“, erklärt Tina Riedel vom Jobcenter Kreis Unna. „Denn durch die eingeschränkte Arbeitszeit zahlt man weniger in die Rentenversicherung ein“, ergänzt Martina Leyer von der Agentur für Arbeit.
Um auf die Missstände im System hinzuweisen, waren vom Netzwerk in der Vergangenheit wäschekorbweise Postkarten nach Berlin geschickt, ein Linienbus mit entsprechenden Schriftzügen versehen oder Aktionen auf Wochenmärkten durchgeführt worden. Das scheinbar unendliche Engagement der Frauen gipfelte in einer Dienstreise des Netzwerks nach Berlin, wo man mit einem Mitarbeiter der damals zuständigen Ministerin Franziska Giffey über die Chancen für Frauen am Arbeitsmarkt diskutierte.
18 Prozent Lohnunterschied
Ob Öffnungszeiten von Kindertageseinrichtungen, unflexible Arbeitszeiten oder mangelnde ÖPNV-Verbindungen: Stellrädchen gäbe es genug, um die Situation zu verbessern – und das wird sie auch von Jahr zu Jahr. „18 Prozent Lohnunterschied sind aber immer noch 66 Tage“, sagt Martina Leyer.
Auch die Softskills von Frauen spielen da eine wichtige Rolle. „Männer trauen sich einfach immer alles zu“, hat Tina Riedel an männlichen Berufsbewerbern beobachtet, während Frauen sich und ihre Fähigkeiten oft hinterfragen. Doch nicht nur sie tun das, sondern auch ihr Umfeld: „Einen Vater mit drei Kindern fragt man nie, wie er das neben dem Job schaffen möchte. Eine Mutter mit drei Kindern aber schon“, nennt Martina Leyer ein Beispiel. „Die Mutter muss immer pro aktiv sagen, dass sich ihr Mann um die Kinder kümmert. Bei Männern wird vorausgesetzt, dass es schon die Frau tun wird.“
Auch die Teilzeitfrage ist eine Stolperfalle. Denn Teilzeit bedeute nicht automatisch die halbierte Stundenzahl. „Auch 35 Stunden sind schon Teilzeit“, erklärt Martina Leyer. Allmählich scheint die Arbeit des Netzwerks aber Früchte zu tragen. Denn die Kurve der sozialpflichtig versicherten steigt stetig.
Martina Leyer und Tina Riedel, die beiden Fachfrauen für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, haben aber noch eine andere gute Nachricht: „Noch nie war die Lage für Frauen, die arbeiten wollen, so gut wie jetzt“, sagt Martina Leyer. Der Fachkräftemangel ist die eine Ursache, weitere Chancen bieten Ausbildungsplatzüberlassungen, Umschulungsmöglichkeiten und Weiterbildungschancen. „Wer kann und will, möge bitte Kontakt aufnehmen“, appelliert Leyer, denn die Agentur für Arbeit bietet längst auch eine Berufsberatung für Erwachsene an. Sei es für Menschen, die sich umorientieren wollen, als auch für die, die mehr erreichen möchten. „Weiterbildung ist auch für Beschäftigte möglich, auch für die ohne Berufsabschluss“, werben die Fachfrauen.
Die nächsten digitalen Beratungstermine sind:
Ausbildung in Teilzeit, 14. März, von 10 bis 11 Uhr
Zurück in den Beruf – Informationen zum beruflichen (Wieder-)Einstieg, 17. März, 26. April, 16. Mai und 14. Juni, jeweils von 15 bis 16 Uhr.
Den Weiterbildungs-Dschungel durchblicken – Informationen zur Suche einer passenden Weiterbildung und Möglichkeiten einer Förderung (insbesondere auch für Beschäftigte und Arbeitgeber, die an Informationen zur Suche und Förderung eine Weiterbildung / Umschulung während einer Beschäftigung interessiert sind), jeden 3. Mittwoch im Monat jeweils von 16.30 bis 17.30 Uhr.
Da es digitale Veranstaltungen sind, ist eine Anmeldung bei Martina Leyer unter Tel. 02381 910 2167 oder Martina.Leyer@arbeitsagentur.de erforderlich.